Eine Bischofsmütze als Tischschmuck

12.04.2012 | Schweinfurt - Weihbischof Ulrich Boom informiert sich am Josefstag über die Adolph-Kolping-Schule. Mit blauen, schalldämpfenden Ohrenschützern ausgestattet, schneidet Marco Volk Holzleisten für Türfriese zu. Es ist laut in der Werkstatt der Schweinfurter Adolph-Kolping-Berufsschule. Plötzlich verstummen die Maschinen. Hoher Besuch tritt ein: Würzburgs Weihbischof Ulrich Boom. Der nutzte auch heuer wieder den Josefstag am 19. März, um bei Kolping Mainfranken ausgebildeten Schülerinnen und Schülern zu begegnen. Diesmal lernte er die Förderberufsschule in Schweinfurt kennen.

Aufgrund der demographischen Entwicklung sind die Ausbildungs- und Berufschancen junger Menschen längst nicht mehr so düster, wie sie noch vor einigen Jahren waren. Und doch kommen nicht alle beim ersten Anlauf unter. „Ohne Kolping wäre ich jetzt wahrscheinlich arbeitslos“, erzählte der aus Gerolzhofen stammende, 21 Jahre alte Marco Volk, der kurz vor dem Abschluss seiner Lehre als Holzfachwerker steht. „Im Juli werde ich mein drittes Ausbildungsjahr beenden.“ Ob er danach eine Stelle finden wird, ist für den jungen Mann noch ungewiss. Aber sein wichtigstes Ziel, das wird er immerhin erreicht haben: Einen Berufsabschluss.

Mit viel Unterstützung, erfuhr der Weihbischof, können auch benachteiligte Jugendliche erfolgreich eine Ausbildung durchlaufen. Während seines Besuchs lernte er das breite Angebot der Schweinfurter Berufsschule kennen. So stellten angehende Fachlageristen die weithin unbekannten Facetten ihres Berufsfeldes vor. Dienstleistungshelferinnen zeigten ihm, wie Servietten in Form einer Bischofsmütze als Tischschmuck gefaltet werden können. In der Farbwerkstatt werkelten junge Männer an einem großen Plakat mit dem Wappen des Weihbischofs, im Metallbereich sah Boom beim Körnen eines Kerzenständers zu. Im Schülercafé erhielt der Gast von Köchen in spe schließlich ein schmackhaftes Mahl.

Auch Nicoletta Schumann, die als Sozialarbeiterin an der Schule fungiert, lernte Boom kennen. „Bei manchen Jugendlichen geht es daheim turbulent zu“, erklärte sie dem Priester: „Da gibt es nicht nur ein Problem. Sondern ein ganzes Bündel.“ Manche Jugendliche werden während des ganzen Schuljahres von ihr betreut. Sie brauchen so viel Unterstützung, weil sie zu Hause kaum gefördert werden, ergänzte Ulrike Albrecht-Schüler, Leiterin der Berufsschule zur sonderpädagogischen Förderung. Die Eltern sind teilweise seit vielen Jahren arbeitslos. Dies kann einer von mehreren Gründen sein, warum die jungen Menschen selbst nicht viel Motivation haben, einen Beruf zu erlernen.

Benachteiligte junge Erwachsene mit Lernschwierigkeiten, mit sozialen oder emotionalen Problemen zu fördern, darf kein Goodwill sein, betonte Axel Möller, Geschäftsführer von Kolping Mainfranken: „Darauf haben sie einen rechtlichen Anspruch.“ Zum Teil werde der jedoch aus Spargründen unterlaufen. So scheuen sich die Arbeitsagenturen mitunter, anspruchsvolle Fachwerkerausbildungen im Maler- oder Metallbereich zu finanzieren. Die Eltern der Jugendlichen wiederum verfügen oft nicht über die nötigen Kompetenzen, um sich gegenüber den Behörden durchzusetzen. „Deshalb brauchen sie einen Verband wie Kolping sowie die Kirche als Partner“, unterstrich Weihbischof Boom.

Höchst motiviert ist Jonas Ouerghi, was seine Ausbildung als Holzfachwerker anbelangt. Er ist zuversichtlich, dass er die Lehre im Sommer mit guten Noten abschließen wird: „Danach möchte ich ein viertes Lehrjahr anschließen, um Tischler zu werden“, erklärte der 18 Jahre alte Jugendliche aus Bad Brückenau. Sein Traum wäre es eigentlich gewesen, etwas mit Computern zu machen. Doch nachdem das nicht geklappt hatte, entdeckte er, wie viel Spaß es machen kann, kreativ mit Holz zu arbeiten: „Ich stellte zum Beispiel kürzlich einen niedrigen Tisch aus Ahorn her. Der war für eine türkische Familie. Die essen an solchen Tischen am Boden.“

Johannes Ballweg